„Kauf 1 mehr!“ Wer meint, das klinge wie ein Supermarkt-Slogan zur Umsatzankurbelung, liegt völlig falsch. Die Aufforderung zum Mehrkauf soll nämlich zu einer guten Tat anregen. Urheberin der Aktion ist die 7c, damals noch die 6c, sozusagen ihr Gesellenstück zum Abschluss der Erprobungsstufe.
Im Rahmen der Projektwoche wurde es nämlich ernst, bitterernst. Die Themen hießen Armut und Obdachlosigkeit in Essen. Was die Kinder dabei erfuhren, hat sie bewegt. Da muss man doch was tun, so ihre einhellige Meinung. Vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeitsziele der UN formulierten sie eigene Punkte, wie sie obdachlosen Menschen in Essen helfen könnten. Und so übernahmen sie die Idee der Young Caritas, Kunden zum Kauf und Spenden eines Extra-Artikels zu bewegen, um die gesammelten Spenden an die richtige Stelle zu transportieren.
Da stellte sich natürlich die Frage, welche Artikel geeignet seien und welche nicht. Eine Produktgruppe musste definiert werden. Konserven zum Erhitzen fielen durchs Raster. Auch Produkte mit kurzem Verfallsdatum erwiesen sich als ungeeignet. Knäckebrot, trockenes Gebäck, Trockenfrüchte und eine ganze Kategorie anderer Konserven würden ihren Zweck besser erfüllen.
Oft werden mit Obdachlosigkeit hauptsächlich Männer in Verbindung gebracht. Ein Denkfehler, es gibt auch Frauen, die „Platte machen“. Da lag die Idee mit Drogerieprodukten nahe. Spezielle Frauenhygiene-Artikel wie auch allgemeine Waren zur Körperpflege würden sicher willkommen sein, dachten sich Lehrerin und die 6c.
Gut, dass in Rellinghausen die zwei passenden Geschäfte direkt nebeneinander liegen: REWE und dm. Bei den Anfragen in den Filialen erlebten die Akteure eine Überraschung: Freundliches Entgegenkommen der Leiter, von Skepsis keine Spur. Es schien, als renne man offene Türen ein. Laura Michaelis: „Es war super unkompliziert.“
Und dann zogen die Kinder vor die Geschäfte, präsentierten ihre Plakate und sprachen Kunden an.
Viele ließen sich überzeugen und kamen mit einer Spende wieder heraus. Auch Bargeld wurde gespendet, von dem weitere Produkte gekauft werden konnten. Die Klassenlehrerin zeigt sich erfreut von einem Nebeneffekt: „Ich war überrascht, wie motiviert auch eher schüchterne Kinder zum Schluss waren auf die Kunden zuzugehen.“ Denn fremde Menschen anzusprechen und um etwas zu bitten, ist „eine Herausforderung“. Und das nicht nur im Kindesalter.
Am Ende standen pickepackevolle Einkaufswagen mit Spenden, die ins Auto umgeladen wurden und bei der Suppenküche der Caritas an St. Gertrud in der Innenstadt landeten. Dort weiß man, wer Bedarf hat und wie man die Produkte verteilt. Eine großartige Aktion. Bitte nachmachen!
Michael Rausch