Wie muss die Gabel bei Tisch liegen? Ach, das hat den guten Freiherr von Knigge wohl am allerwenigsten interessiert, als er damals sein berühmtes Buch schrieb. Ihm ging es vorrangig um den Umgang mit anderen Menschen. Und der funktioniert am besten, wenn man sich an Spielregeln hält. Genau diese trainiert gerade die AES-Benimm-AG. Kursleiterin Verena Schreiner-Langen hat sich dazu geballte Kompetenz von den Maltesern ins Boot geholt: Dorothee Jacobi schult die Jugendlichen als ehrenamtliche Benimmtrainerin im Einmaleins des guten Benehmens.

„Es gibt keine zweite Chance auf den ersten Eindruck.“ Dorothee Jacobi von den Maltesern lässt die Peanuts Körpersprache erläutern.
Pia ist sich mit den anderen aus ihrem Kurs einig, dass gutes Benehmen nicht selbstverständlich ist. Dafür gebe es täglich zu viele Beispiele. Sie möchte ihrem Gegenüber immer mit Wertschätzung begegnen und gleichzeitig einen guten Eindruck hinterlassen. Der nämlich, so lernt die Gruppe heute, entsteht in den allerersten Sekunden und ist ebenso zäh wie klebrig. Man wird ihn nur sehr langsam wieder los, besonders, wenn er nur so mittel war. Dorothee Jacobi: „Es gibt keine zweite Chance auf den ersten Eindruck.“
Deswegen werden zunächst mal Fotos verschiedener Körperhaltungen analysiert. Sie sprechen eine Sprache, die sofort lesbar ist und auf Anhieb die Situation bestimmt. Dazu gibt es auch Lebenshilfe von den Peanuts, den rührenden Kindern des gleichnamigen Comics. Gleich nach der Körperhaltung kommt das Outfit. „Kleidung sendet Botschaften“, weiß die Trainerin. Und auch alle Arten von Schmuck sind inbegriffen.

Rami ist der Kandidat im Vorstellungsgespräch. Er punktet besonders mit Fragen zum Unternehmen und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Übungen im Small Talk verlaufen etwas mühsam. Die Trainerin muss mit scheinbar beiläufigen Fragen ein Gespräch in Gang bringen. Die Antworten wirken zunächst einsilbig. Bis Rami auf die Idee kommt, eine Gegenfrage zu stellen. Auf einmal läuft’s. Welche Themen stehen denn überhaupt zur Verfügung? Unverfängliche wie Wetter, Urlaub, Freizeit, Sport. Meiden sollte man Politik, Religion, Krankheit oder Witze. Hier stehen nämlich massenhaft Fettnäpfchen herum, in die man treten kann.
Ein Vorstellungsgespräch wird simuliert. Rami hat sich gemeldet, er gibt den Kandidaten. Das Gespräch beginnt sehr flüssig. Bei der Frage, warum er denn meine, der Richtige für den Job zu sein, gerät Rami allerdings ins Stocken. Dorothee Jacobi warnt, auf so eine Frage müsse man sich unbedingt vorbereiten. Bei der Manöverkritik wird Ramis gute Körperhaltung gelobt. Außerdem hat er mit Fragen nach Weiterbildungsmöglichkeiten gepunktet.
Das heutige Trainingsmodul hat vor allem eins gezeigt: Man sollte sich seiner Wirkung bewusst werden und an ihr arbeiten. Dann hat man die Chance auf positive Rückmeldung vom Gegenüber und ein „schöneres Miteinander“. Dass es irgendwie schon um die anfänglich erwähnte Gabel geht, stimmt natürlich auch. Das wird sich im letzten Modul zeigen, wenn der Kurs sich ausführlich mit dem festlich gedeckten Tisch befasst. Und als Sahnehäubchen gibt’s für alle ein Zertifikat, dass jede Bewerbungsmappe aufwertet.
Michael Rausch