„Das erste Geräusch war das Kreischen von Hydraulikscheren, die das Autodach abschnitten.“ Hauptkommissar Marcel Genster schildert einen Einsatz frühmorgens vor einigen Jahren in Werden. Fazit: Zwei Tote, zwei Schwerstverletzte, ein völlig demoliertes Auto.
Es war, so sagt der Beamte, „vor den Baum geflogen“. Die jungen Insassen waren angetrunken und ohne Gurt von der Burgerschmiede gekommen, mal eben Frühstück holen. Genster: „Die Burger und die vier Personen sind nie angekommen.“ Abgesehen davon, was sie alles verpasst haben: „Geburtstage, den ersten Urlaub mit dem Freund, eigene Kinder…“
Betretenes Schweigen in der Aula der Rellinghauser Albert Einstein Realschule (AES). Die Jugendlichen erleben gerade den Crash Kurs NRW. Die Kampagne bringt die Erlebnisse von Polizei, Feuerwehr und Notfallseelsorge ganz nah an Schüler heran. Sie soll niemanden kalt lassen. Zur Illustration gibt’s Unfallbilder, die Gänsehaut machen. Und es sind nicht mal die krassesten, versichert Moderatorin Hauptkommissarin Lucia Zielinski.
Brandmeister Marvin Imm schildert den Unfall einer jungen Frau, die mit dem E-Roller frontal in einen Sprinter „eingeschlagen“ ist. Er schildert die Gesichts- und Kopfverletzungen in derart drastischer Eindringlichkeit, dass man schlucken muss. Unfassbar, dass Leute wie er mittlerweile bei Einsätzen angegriffen werden.
Der ehrenamtliche Notfallseelsorger Norbert Keltermann weiß, wie es ist, einer Mutter die Todesnachricht ihres Sohnes zu überbringen. Er leistet „erste Hilfe für die Seele“.
Die Bühnendeko ziert ein großer blauer Ballon. Seine Außenhaut trägt Aufkleber mit Zukunftswünschen der AES-Schülerschaft: Berufswünsche, Reisen…
Ein lauter Knall schreckt das Publikum auf. Der Ballon ist weg. Zerplatzt, so wie die Träume von einem zukünftigen Leben zerplatzen können.
Die Akteure bitten: „Erspart uns und euch solche Einsätze. Passt auf euch auf, schnallt euch an!“
Michael Rausch