Da steht sie nun, die alte „gemeine Hainbuche“ und betrachtet etwas verwundert ihren Fuß, der jetzt umrahmt ist von einem Podest aus Lärchenholz. Sie selbst durfte am Rand des 5er-Pausenhofs stehen bleiben und wird weiterhin Schatten spenden, wie sie es schon seit vielen Jahrzehnten tut. Die 6a war die Ideengeberin, die Bewegungswerkstatt Essen hatte die Ausführung übernommen und die Krupp-Stiftung die Finanzierung.
Jana aus der damaligen 5a, jetzt 6a, erinnert sich: „Wir hatten uns damals so eine Sitzgelegenheit gewünscht. Wir haben immer Picknick auf dem Boden gemacht, das fanden wir nicht so schön.“ Na ja, eigentlich sollen sich Schulkinder in der Pause ja auch bewegen, nachdem sie zwei Schulstunden lang gesessen haben. Das ist auch der Anspruch der Bewegungswerkstatt Essen, die sowohl für Entwurf, Planung als auch Ausführung des Podestes verantwortlich ist: „Wir bringen Bewegung in Kita und Schule.“ Björn Tempelmann, Werkstattleiter der Bewegungswerkstatt, lacht: „Kein Problem, wir bauen auch Ruhezonen.“
Gerade legt er gemeinsam mit vier Kindern der 6a letzte Hand an die Oberfläche. Es muss noch geschliffen, gebohrt und geschraubt werden. Dazu gibt es Handschuhe, die zum Schluss als Souvenir (oder Trophäe?) behalten werden dürfen. Zuerst die Köpfe der Planken schleifen, schließlich soll niemand Splitter abbekommen. Dann bohrt das Team Löcher ins Holz und versenkt die Schrauben. Jetzt sitzen die Planken fest auf der Unterkonstruktion. Die Vier machen das offensichtlich nicht zum ersten Mal, es gibt überhaupt kein Fremdeln mit dem Werkzeug. Jana: „Ich kenn das von meinem Papa, der schraubt auch.“
Von jetzt an wird gesessen, gelegen, geschrieben, gelesen oder agiert wie auf der Bühne. Dass dabei die Initiatoren längst den 5er Pausenhof verlassen mussten und davon selbst nicht mehr profitieren können, sehen sie nicht weiter tragisch. Man muss auch gönnen können. Schulleiterin Sperling-Ischinsky meint, genau das spiegele perfekt das Motto der AES, dass da heißt: Verantwortung für sich und andere übernehmen. Und die „gemeine Hainbuche“ wird nicht annähernd so gemein sein, wie der Name vermuten lassen könnte. Wahrscheinlich wird sie sich freuen.
Michael Rausch