Kriselt die Demokratie? Derzeit beliebtes Thema in den einschlägigen Talkrunden. Und was hat Macht damit zu tun? Wer hat eigentlich welche „Macht“ über wen, wann und warum? Diese und andere Fragen stellt die Jugendhilfe Essen gGmbH in Zusammenarbeit mit Coaches für Demokratie und Zivilcourage heute in der 10b. Dafür hat sie vier junge Coaches entsandt, die einen Workshop leiten und anhand verschiedener Beispiele und Übungen zeigen, „wie man bewusster mit Macht umgehen“ könnte.

Lernen in angenehmer Umgebung: Eine Hälfte der 10b im „grünen Klassenzimmer“ bei „Machtspielen“ mit den Referenten Jonas und Daniel und Klassenlehrerin Gaby Hildebrand (r.).

Nach einem eher theoretischen Teil beginnen nun die praktischen Übungen. Eine Klassenhälfte versammelt sich im „grünen Klassenzimmer“ und erhält von den Referenten Jonas und Daniel Karten, die mit dem eigenen Namen zu beschriften sind. Eine weitere Karte enthält einen 10-Euro-Schein und die Maßgabe: „Wo nach 15 Minuten die meisten Karten sind, darf entschieden werden, was mit den 10€ passiert.“ Die Gruppe versteht es so: Diskutieren und Namenskarten als Zustimmung für die eigene Position sammeln. Wem wird es gelingen, die Gruppe zu überzeugen, die meisten Stimmen zu bekommen und Führung zu übernehmen? Das ist Wahlkampf pur.

Auf Stimmenfang für die eigene Position. Man könnte es auch Wahlwerbung nennen.

Albrecht schlägt vor: „Geld spenden.“ Andere meinen: „Keiner soll entscheiden“ oder „Außenstehende um Rat fragen“. Dann aber übernehmen allmählich Schüler mit lenkenden Vorschlägen. Die Jungen diskutieren stehend vor den Mädchen. Die sagen später, sie hätten nicht das Gefühl gehabt, mitbestimmen zu können.

Protagonisten wie Leon fühlen sich zwar wohl in der Führungsrolle, sie spüren aber auch eine deutliche Verantwortung für ihre Gruppe. Deutlich zu sehen, dass in der Gruppe ein Vertrauensverhältnis untereinander herrscht. Niemand, der grundsätzlich widerspricht oder das gesamte Verfahren in Frage stellt.

Leon (l.) und Albrecht lassen „Stein, Schere, Papier“ sprechen, bevor die Gruppe entscheidet und den Auftrag erteilt.

Am Ende fasst es Albrecht so zusammen: „Die Mädchen neigen dazu, sich zurückzunehmen und Leon hatte als früherer Klassensprecher vielleicht einen Vertrauensvorschuss.“ Das Kopf an Kopf-Rennen entscheidet am Ende Leon für sich, in dem er bei Stein, Schere, Papier“ den Kontrahenten Albrecht besiegt. Eine Mischung aus Wahlentscheidung und einer Prise Zufall. Dann sprechen die Karten. Auftrag der Gruppe an Leon: Eine Ladung Eis für alle. Wer könnte an einem warmen Tag dazu nein sagen?

Derweil hatte auch die zweite Klassenhälfte eine komplizierte Aufgabe zu lösen: Untereinander mit Bändern verbunden gab es keine freie Platzwahl auf dem Pausenhof. Die Pausengestaltung musste mit Überzeugungsarbeit gemeinsam organisiert werden. Gewaltfrei, versteht sich. Denn Gewalt, so wissen wir schließlich alle, ist keine Lösung. Die 10b findet‘s „cool“ und wünscht sich, dass dies nicht der letzte Workshop gewesen sein soll.

Michael Rausch