Die Benimm-AG bittet zu Tisch
Hübscher geht es kaum: Am Rande des Schellenberger Waldes steht ein schmuckes Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhunderts. Es würde nicht verwundern, wenn gleich Schneewittchen oder Rapunzel um die Ecke kämen. Es ist das Restaurant Kockshusen, märchenhaft gelegen, sicher und herzlich geführt von dem Gastronomen-Ehepaar Verena und Willy Hachenberg.

Die Hachenbergs begrüßen die AG im Wintergarten des Restaurants Kockshusen.
Die beiden lassen schon seit einigen Jahren die AES-Benimm-AG regelmäßig ins Gastronomiefach hineinschnuppern. Gerne geben sie ihr Wissen weiter an die kommende Generation. Denn wer hier auf den Geschmack kommt, findet ziemlich sicher einen Ausbildungsplatz. Und so haben die Jugendlichen heute die Chance, beide Seiten der Gastronomie kennen zu lernen: als Gast und als Servicekraft.
Die Chefin freut sich über die mitgebrachten Blumen und führt die Gruppe gleich in den Wintergarten. Thema des heutigen Workshops für die Benimm-AG und ihre Leiterin Verena Schreiner-Langen: Der festlich gedeckte Tisch, Servieren und Gläserkunde. Zuerst geht’s ans Eindecken.

Immer mit dem Lappen nach polieren. Flecken sind eine Todsünde.
Es gilt, für die Vorspeise, ein Süppchen, zwei Fischgänge, einen Fleischgang und das Dessert passendes Besteck und Gläser zu finden und richtig auszulegen. Die Schülerteams diskutieren: „Weißwein- und Rotweingläser sind doch unterschiedlich!“ – „Die Gabel ist doch immer links.“ -„Von innen nach außen oder umgekehrt?“ Und immer vor dem Auslegen mit dem Lappen nachpolieren. Flecken gehen gar nicht!
Zum Hauptgang, klar, Messer, eventuell Fischmesser und Gabel. „Guck mal, ist das vielleicht ein Fischmesser?“ Es sieht auf jeden Fall ungewöhnlich aus. Was brauchen wir zum Dessert? Richtig, Kuchengabel und Dessertlöffel quer oberhalb des Tellers. Die Gläser nach dem Prinzip Orgelpfeife. Die Chefin nimmt die Tische ab, korrigiert hier ein bisschen, rückt da etwas gerade und ist sichtlich zufrieden.

An der Passe oder Wärmebrücke übernehmen die Servicekräfte die Teller, die der Koch soeben gefüllt hat.
Sie zeigt, wie man mit dem Zwei-Stufen-Korkenzieher Wein öffnet und erzählt von eigenen Missgeschicken, wenn man am liebsten im Boden versinken möchte. Aber: „Sowas passiert eben und ist kein Beinbruch.“ Offensichtlich kann eine gewisse Leichtigkeit helfen. Wir werden sehen, ob sie auch in der Folge benötigt wird. Doch beim Servieren der Paprikacremesuppe mit Backerbsen („Von rechts einheben, von rechts ausheben.“) läuft alles glatt, bei dezenten Tischgesprächen geschieht nicht ein Malheur.
Im Kaminzimmer präsentiert Willi Hackenberg anschließend eine Auswahl Gläser. Elf verschiedene Spirituosen benötigen das passende Gefäß. Es scheint Vorkenntnisse zu geben: Ouzo, Campari, Martini und Co. werden auf Anhieb richtig zugeordnet. Willy Hachenberg steuert sein großes Fachwissen bei. Er erklärt den Schülern den Sinn der Formen: „Die Größe des Glases hat nichts damit zu tun, wieviel man davon trinken kann. Es geht um die Geruchsentwicklung.“

Für jede Spirituose das passende Glas. Mal sehen, wer’s weiß. Das Ehepaar Hachenberg erklärt die Hintergründe.
Dabei nutzt der bekennende Spirituosen-Abstinenzler die Gelegenheit zur Warnung: Alkoholkonsum ist unter achtzehn gesetzlich geregelt, Missbrauch rächt sich – immer, ganz gleich ob mit Aperitifglas, Pilstulpe oder Cognacschwenker. Sein Credo: „Egal, was ihr trinkt – trinkt nie zuviel! Das hat noch nie dafür gesorgt, dass ein Abend gelingt.“
Michael Rausch