Digitale Medien, auch gerne soziale Medien genannt, sind für Eltern und Lehrer mitunter ein heikles Thema. Dr. Marco Fileccia, Autor, Lehrer und Ausbilder von Schüler-Medien-Scouts, machte daraus für die AES-Eltern einen informativen und nicht minder unterhaltsamen Abend.

Gute Frage. Dr. Marco Fileccia weiß einige Antworten.

Fileccia weiß, dass Facebook weltweit 2,9 Milliarden Nutzer hat, gefolgt von YouTube und WhatsApp. Er zieht seinen immensen Erfahrungsschatz heran und stellt die Frage in den Raum, worin die Faszination digitaler Medien für Kinder, Jugendliche und letztlich auch Erwachsene liegt. Antwort: Der Wunsch nach Liebe, Anerkennung, Spaß und Erfolg. Die Eltern reagieren sehr sachkundig, sie erkennen sich in den Beispielen wieder. Wichtig: „Sie müssen wissen, was Ihr Kind erlebt. Sie müssen sich dafür interessieren, was Ihr Kind im Netz macht.“ Darin sieht Fileccia Aufgabe und Pflicht der Eltern. Aber Vorsicht: „Lassen Sie sich nicht davon blenden, wie gut Ihre Kinder die Geräte bedienen können. Zur wahren Medienkompetenz gehört mehr.“

Das sind die Erwartungen an Social Media.

Eltern neigen nämlich dazu, ihren Kindern enorme Kenntnisse und Fähigkeiten im digitalen Universum zu unterstellen. Fileccia weiß: „Die können nix! Die täuschen uns mit ihren instrumentellen Fertigkeiten. Sie wissen nicht mal, wie man eine PDF-Datei erstellt.“ Und da kommt der Vorsprung der Erwachsenen ins Spiel: Die Fähigkeit zur Vorausschau und dem Erahnen der Folgen digitalen Handelns. Im Gegensatz zu ihren Sprösslingen stellen sie sich nämlich Fragen wie „Wieso sind Social Media eigentlich kostenlos?“ oder „Was macht diese ständige Erreichbarkeit eigentlich mit mir?“ Und das, so Marco Fileccia, ist ein Hauptteil wirklicher Medienkompetenz, zu der auch eine gehörige Portion Skepsis gehört. Denn eins ist klar: „Wenn du nicht dafür bezahlst, bist du nicht der Kunde. Du bist das Produkt!“

Dr. Marco Fileccia: „Das wahre Ziel ist der respektvolle Umgang miteinander.“

Denn leider erzeugen Facebook & Co kein ungetrübtes Glück. Im Gegenteil, der ständige Vergleich mit anderen kann einen ungeheuren Druck erzeugen: „Alle sind so super! Und ich?“ Eine besonders unrühmliche Rolle spielen dabei fragwürdige Influenzerinnen, die ein scheinbar sorgenfreies, luxuriöses Leben führen und sich wie eine Freundin gebärden. Sie verdienen enorme Summen durch Klischees. Fileccia: „Die Kinder sollen das wissen!“ Es kann nicht im Interesse der Eltern sein, dass sich ungehemmter Kommerz, absurde Rollenklischees und aberwitzige Vorstellungen vom Berufsleben in den Köpfen der Kinder einnisten.

Ein weiteres „dunkles Kapitel“ sogenannter sozialer Medien ist die Gefahr durch Mobbing. Fileccia: „Jeder kann Opfer werden. Das ist eine Entscheidung der Täter.“ Mobbing ist zwar ein altbekanntes Phänomen, bei dem Gruppen eine von der Norm abweichende Person attackieren. Das Entsetzliche des Cybermobbing sind aber Geschwindigkeit und Menge der Verbreitung rund um die Uhr sowie die Fortdauer sämtlicher Postings. Selbstmorde verzweifelter Teenager sind das Ergebnis.

Was also tun? Fileccia: „Das wahre Ziel ist der respektvolle Umgang miteinander, nicht die Beherrschung der Technik.“ Ein Erziehungsziel, das so gar nicht ungewöhnlich wirkt, in der Praxis aber offenbar aus dem Blick geraten kann: „Poste Negatives niemals in Gruppen, nur persönlich! Poste niemals etwas ohne Zustimmung des Betroffenen! Auch wenn etwas scheinbar lustig wirkt – es ist nicht lustig!“ Und es sind nicht zuletzt auch die Zuschauer, die ein „Bullying“ erst ermöglichen oder verstärken.

Auf den Punkt gebracht: Die Zusammenfassung.

Was bedeutet das konkret für den Alltag? Fileccia rät den Eltern zu klaren Strategien: Sich die Lieblingskanäle ihrer Kinder anschauen, wenn möglich, gemeinsam. Darüber hinaus technische Möglichkeiten zur zeitlichen Begrenzung des Medienkonsums gebrauchen und versuchen zu reglementieren. Ein familieninterner Mediennutzungsvertrag ist denkbar oder mit anderen Eltern über deren Methoden zu reden. „Schaffen Sie Vertrauen. Die Kinder sollen mit allem zu mir kommen können. Und vielleicht lassen sich ja manche Bedürfnisse auch ohne Bildschirm befriedigen.“

Michael Rausch