Jäger kennen es, Angler kennen es, auch Köchen ist es nicht unbekannt: Latein. Gemeint ist hier aber nicht die Muttersprache des verblichenen Julius Caesar (der aus dem Asterix), sondern eine Art Jargon, die nur Eingeweihte beherrschen.

Ist auch wirklich alles da? Haben wir nichts vergessen?

Zum Beispiel das Küchenlatein. Doch, doch, das soll es geben, zumindest wenn man dem Deutschbuch der Klasse 6b glauben darf. Gleich mehrere Seiten sind der Fachsprache gewidmet. Überschrift: „Küchenlatein – Geräte, Tätigkeiten und Abkürzungen genau benennen.“

Wir wären dann soweit. Wo bleibt der Einkauf?

Da wimmelt es von Maßeinheiten, Geräten wie Nudelholz, Schneebesen oder Springform und Rezeptur-Anweisungen. Tatsächlich ein Sprachfeld mit eigenen Vokabeln und Formulierungen, am heimischen Herd durchaus in Gebrauch, bei der Mikrowelle entbehrlich. Grund genug, dem Sechser-Jahrgang die Welt der Küche nahezubringen, Stichwort im Deutschbuch: „Essen verbindet“. Essen machen auch.

Da liegt es nahe, das Gelernte in die Praxis umzusetzen. Ein Speiseplan für ein gemeinsames Essen muss aufgestellt werden, eine Einkaufs- und eine Materialliste. Posten werden vergeben, Aufgaben verteilt.

Die magische Kochplatte, stolz präsentiert von Rron und Alan. Sie sind zuständig für die Spiegeleier.

Und so kommt es, dass eines schönen Tages nur die halbe Klasse in ihrem Raum sitzt und auf die andere Hälfte wartet. Die nämlich ist im nahegelegenen Supermarkt einkaufen: Paprika, Tomaten, Gurke, Bananen, Kopfsalat, Fleischwurst, Käse, Eier, Joghurt, Quark, um nur einige zu nennen.

Frische Ware eingetroffen, jetzt geht’s los.

Derweil wird gefachsimpelt. Schneidebretter, Stabmixer, Schüsseln und Schalen, Schneebesen, Messer, Pfanne, Besteck – alles ist da und wartet auf den Einsatz. Auch Nudeln, Knoblauch, Essig und Öl, Salz und Pfeffer sind bereits an Ort und Stelle. Man kann beobachten, dass so manche Hand nicht zum ersten Mal Küchenutensilien berührt.

Der Einkauf trifft ein und mit ihm die andere Klassenhälfte. Die Speisen werden verteilt. Bananen und Quark an einen Tisch, Paprika und Kopfsalat müssen unter fließendes Wasser. Abtropfen! Kopfsalat schneiden. Ob das Messer dafür nicht ein bisschen klein ist? Egal, das Ergebnis zählt. Tupperdosen werden herumgereicht.

Baran und Ben schnippeln Möhren und Gurken.

Nun stößt die DAZ-Klasse (Deutsch als Zweitsprache) dazu, Kinder, die vorrangig Deutsch lernen. Sie assistieren beim Zubereiten. „Wir brauchen zwei Becher“, kommt es aus der Nachtisch-Ecke. „Ich brauche ein Schneidebrett.“ Die Wurst- und Käseabteilung will mit dem Würfeln beginnen. Hier und da sieht man Finger in Schalen eintauchen. Abschmecken ist das Gebot der Stunde. Es soll ja schließlich nicht nur gut aussehen. Der deftige Knoblauch-Dip ist etwas zu flüssig. Quark rein, der dickt an. Finger rein – Salz fehlt. Nachwürzen. Kurz vor dem Anrichten gibt’s noch gebratene Eier, das gemeinsame Essen kann beginnen.

Eisbergsalat, in feine Streifen geschnitten.

Die Kinder essen, mit dicken Backen und viel Vergnügen. Sie sind zufrieden mit sich und dem Essen. Es gibt ja auch wirklich nichts zu meckern. Grund genug, sich noch Gäste aus den Nachbarräumen einzuladen. Die 6b empfängt alle mit großer Gastfreundschaft: Der 10er Französischkurs langt zu und auch Konrektor Michael Dieterichs lässt sich bewirten. Deutschlehrerin Susanne Reisch freut sich über den „schönen Trubel“ und zum Schluss sind alle pappsatt, voll des Lobes und mit ihrem Latein noch lange nicht am Ende.

Michael Rausch