„Wir brauchen drei Mikros.“ Leona organisiert den Aufbau der Stative auf der Bühne und versucht, Kabelsalat zu vermeiden. Tom testet am Schlagzeug die Hi-Hat-Einstellung, Fynn macht sich am Klavier mit Bachs C-Dur Präludium locker und Laura nimmt einen Mittagssnack zu sich. Schließlich ist ja noch Pause. Aber so eng sehen es die Jugendlichen der AES-Schulband nicht. Im Gegenteil, ihnen ist jede Minute wichtig, da zeigen sie Engagement und nutzen auch ihre Mußezeit.
Stefan Schadt, Instrumentallehrer von der Musikschule Rhein Ruhr, trainiert die AES-Schulband seit 2017. Einen Namen hat sich die Truppe noch nicht gegeben, der ist noch in Arbeit. Im laufenden Schuljahr gab es, wohl durch Corona, keinen Neuzugang in der AG.
Dem kann Schadt aber auch etwas Positives abgewinnen. Er sieht eine Festigung der Gemeinschaft, der Zusammenhalt ist deutlich stärker geworden. Die Jugendlichen gehen miteinander um wie in einer Familie, manchmal rau aber herzlich, und sie halten ungeachtet der Altersunterschiede zusammen wie Pech und Schwefel. Man kennt sich ja nun schon etwas länger.
Stefan Schadt legt für die Jugendlichen seine Hand ins Feuer: „Die Proben auch ohne mich, wenn ich mal nicht da sein sollte. Eine gute Truppe.“ In dem Fall übernimmt Leona das Kommando, Fynn, der Keyboarder kümmert sich am Mischpult um den Sound. So haben sie bei der letzten Abschlussfeier trotz mehrerer Lockdowns wenigstens einige Instrumentals über die Bühne bringen können.
Nun stehen die ersten Auftritte seit Langem kurz bevor. Sechs Titel hat die Band gemeinsam aus dem Repertoire für das Schulfest ausgewählt, Balladen, einen Afro-Beat und ein paar Rock-Nummern. Dass die Vocalriege in vorderster Reihe ausschließlich weiblich ist, scheint Gesetz. Sänger sind in der Altersklasse ausgesprochen rar. Dass ihre Namen alle mit L beginnen – Leona, Lisa, Laura – ist allerdings purer Zufall und es gibt keine drei Fragezeichen. Eine Verwechslungsgefahr besteht nämlich nicht. Zu unterschiedlich sind Erscheinung und Stimmen.
Die Sängerinnen wirken etwas aufgekratzt, die Spannung vor dem Auftritt ist mit den Händen zu greifen. Ganz anders die Instrumentalisten. Extrem konzentriert und verhalten, kein überflüssiger Ton geht über die Lautsprecher. Dann lässt Stefan Schadt, der selbst Bass spielt, anzählen. Das ist der Part der Schlagzeuger Tom und Vincent, beide Sechstklässler. Sie wechseln sich ab und wirken total abgeklärt. Kein Wunder, nach jahrelangem Schlagzeugunterricht wissen sie, was sie tun.
Schadt bricht ab. Die Drums sind ungenau eingestiegen, dadurch gab es eine Akzentverschiebung. Ja, da muss man schon pingelig sein. Er diskutiert mit den Drummern, gibt Hinweise zu vermeidbaren Fehlerquellen und korrigiert Lautstärke- und Soundeinstellungen. Keyboarder Fynn bleibt entspannt. Er scheint völlig in sich zu ruhen und wartet auf den Vorzähler.
Nochmal von vorne. Die Sängerinnen zeigen sehr starke körperliche Präsenz. Sie singen nicht einfach nur, sie arbeiten zum Teil mit dem ganzen Körper. Dabei decken sie eine große Bandbreite ab, vom samtweichen Balladentimbre bis hin zu allen Rockfacetten.
Juliens Stratocaster klingt rotzig und aggressiv. Ganz das Gegenteil ist der Gitarrist selbst: ruhig und konzentriert. Er ist aber nicht zufrieden mit sich: „Das Solo hab ich ja wohl versemmelt.“ Halb so wild, dafür sind Proben schließlich da.
Unter der Aula wummert es derweil mächtig. Gerade probt auch Trommellehrer Hasan Kayar mit seiner Cajon-Gruppe in der Pausenhalle für das Schulfest. Viel Zeit bleibt nicht mehr.
Michael Rausch